Installation
29. März 02. Sept. 2024

Allora & Calzadilla

Graft & Penumbra
Allora & Calzadilla, Graft, 2019

Datum

29. März 02. Sept. 2024

Ort

Galerie 3

preis

Installation visible dans l'exposition Masson

Biografie

Das Künstlerduo Jennifer Allora (1974, USA) und Guillermo Calzadilla (1971, Kuba) lebt und arbeitet in San Juan, Puerto Rico. In ihren Werken, die auf einem recherchebasierten Konzept beruhen, setzen sie sich mit den Verflechtungen von Geschichte, Umwelt und Geopolitik auseinander, wobei sie mit einer Vielzahl von Medien, darunter Performance, Skulptur, Ton, Video, Fotografie und Malerei arbeiten.

Im März 1941 verließ André Masson Frankreich mit dem Ziel New York. Auf der Überfahrt legte er einen dreiwöchigen Zwischenstopp auf Martinique ein. Inspiriert durch die üppigen Landschaften der Insel, malte er Antille, eines seiner Meisterwerke aus der „amerikanischen Periode“, in dem sich alle exotischen Eindrücke des Aufenthalts vereinen.
Das Centre Pompidou-Metz freut sich, als Hommage an André Masson die Installation Antilia von Allora & Calzadilla zu präsentieren. Dieses Werk umfasst mit Draft (2019) und Penumbra (2020) zwei jüngere große Werke, die die Karibik in den Blick nehmen, wo das Künstlerduo lebt und arbeitet. Antilia hat einen unmittelbaren Bezug zur konkreten Realität des komplexen Inselarchipels und geht den Zusammenhängen zwischen Kolonialismus, Umwelt und Aufbau des britischen Empires nach.
Der Ursprung des Wortes „Antille“ liegt in der Zeit vor der Kolonialisierung des amerikanischen Kontinents durch die Europäer. Antilia war eines jener geheimnisvollen Länder, die auf mittelalterlichen Karten verzeichnet waren, mal als Inselarchipel, mal als zusammenhängende, mehr oder weniger große Landmasse, die irgendwo im Ozean treibt.
Graft besteht aus Tausenden von gelben Blüten, die aus den Blüten der Roble (Tabebuia chrysantha), einer in der Karibik heimischen Eichenart, geformt wurden. Am Ende der Galerie 3, mit Blick auf die Kathedrale von Metz, scheinen die Blumen wie vom Winde verweht zu sein: Die handgemalten Blütenblätter sind in sieben Variationen bzw. Verwesungsgraden hergestellt, von frisch gefallen bis verblüht und braun. Die Veredelung spielt auf die Umweltveränderungen an, die durch das Zusammenwirken von kolonialer Ausbeutung und Klimawandel ausgelöst wurden: Die systematische Zerstörung der Flora und Fauna der Karibik ist eines der wichtigsten Vermächtnisse der Kolonialisierung. Dennoch zählt die Region nach wie vor zu den 36 Hotspots der Biodiversität: Dabei handelt es sich um Regionen, in denen fast 60 % aller Pflanzen-, Vogel-, Säugetier-, Reptilien- und Amphibienarten weltweit leben, die aber nur 2,4 % der Erdoberfläche ausmachen. Die Blüten in Graft spiegeln diese fragile ökologische Situation durch ihre künstliche, unbewegte Anmutung wider.
Unterlegt wird dieses Werk von der Klanglandschaft Penumbra (2020), die auf wiederentdeckten Aufnahmen von Insekten aus dem Absalon-Tal auf Martinique aus dem Jahr 1941 basiert. Bei dem dortigen tropischen Regenwald handelt es sich um den Landstrich, in dem im selben Jahr eine Reihe inzwischen legendärer Spaziergänge stattfand, die verschiedene Künstlern und Intellektuelle unter der Führung von Suzanne und Aimé César (antikolonialistisches Dichterpaar aus Martinique, Theoretiker und Gründer der Literaturzeitschrift Tropiques) versammelten. Auf ihrer Flucht aus dem von den Nazis besetzten Frankreich war ihr Schiff vorübergehend im Hafen von Fort-de-France vor Anker gegangen. An Bord waren unter anderem André Masson, Helena Benitez, André Breton, Wifredo Lam, Jacqueline Lamba, Claude Lévi-Strauss und Victor Serge.
Für das Klangwerk hat das Künstlerpaar mit dem Oskarnominierten Komponisten und Grammypreisträger David Lang zusammengearbeitet, um eine Komposition zu entwickeln, die das Summen der Insekten mithilfe von Differenztönen nachahmt, die nach ihrem Entdecker, dem Geiger Giuseppe Tartini, auch als Tartini-Tönen bekannt sind. Das psychoakustische Phänomen der Tartini-Töne tritt auf, wenn durch die Überlagerung zweier realer Töne der Eindruck eines dritten Tons entsteht.